Besetzung: Christoph Waltz, Lucy Liu, Cooper Hoffman
DVD-Erscheinungsdatum: 14.03.2025
Endlich wieder ein Film mit Christoph Waltz. Über ein Jahr mussten wir warten und so sitzen wir gespannt in unseren Sesseln. Noch dazu hat er Lucy Liu und Cooper Hoffmann an seiner Seite, die ja auch keine Unbekannten sind. Das ganze Setting und der Trailer sehen nach einem packenden Actionfilm aus und wir haben das Popcorn bereit. Aber dann kommt alles ganz anders.
Stück um Stück wandelt sich der Actionfilm ins Private. Wir erleben den alternden Killer, der plötzlich entdeckt, dass es neben dem Töten auch noch das Leben gibt. Ähnlich unerwartete Entwicklungen macht auch die smarte Nachtclub-Betreiberin und der hochgelobte Jung-Killer. Was am Anfang noch staksig und pubertär daherkommt wird mit immer härteren Aufgaben und Misserfolgen leiser und persönlicher.
„Old Guy“ wird, wie im Film wohl auch von vielen Zuschauern, oft falsch interpretiert. Wenn man ihn als reinen Actionfilm sieht, dann wird er zum Ende hin vermutlich enttäuschend. Lässt man sich aber auf die Figuren und Entwicklungen ein, so entdeckt man viele Zwischentöne und Blicke, die auf eine neu gefunden Tiefe der Charaktere und deren Beziehungen zueinander hinsteuern.
So ist das Ende wohl eher ein neuer Anfang eines anderen Lebens nach dem Töten. Das ist eine schöne Metapher und es macht Freude dies mitzuerleben. Somit einfach darauf einlassen und genießen.
Es ist eine Freude, wenn man Menschen zusehen kann, die Ihr Handwerk verstehen. Da sitzt jeder Handgriff und des Endprodukt hat echt Klasse. So ist es auch in RIFF RAFF. Ganz sicher Trash, aber auf was für einem hohem Niveau!!!
In dem herrlich alltäglich ausgestattetem Setting sind die Figuren sichtlich zu Hause. Sie tragen die Klamotten teilweise schon seit Tagen und man glaubt den Muff zu riechen. Das sind echte Menschen, die aber alles andere als normal sind. Wenn hier jemand mal normal angelegt ist, dann auch wieder so übertrieben, dass es schon wieder weit drüber ist.
Das alles führt zum idealen Setting für eine perfekte Geschichte in der man laufend in andere Handlungsstränge und Wendungen verstrickt wird. Dabei ist aber jede Wendung logisch und nachvollziehbar. Überraschend und erschreckend, aber immer intelligent und den Figuren entsprechend.
Das Schönste ist dabei der Genuss der Schauspielenden an den Rollen. Die Freude mit der Figur und deren Entwicklungen führt dazu, dass das Ensemble alle Zeit der Welt hat. Dies führt aber nicht zur Überlänge, sondern zu einer perfekt umgesetzten Story, die man genießen kann. Im Alter kommt eben die Klasse.
Wie lange ist es her, dass wir den ersten Bridget Jones Film gesehen haben? 21 Jahre?!? Kann das sein? Es war doch gerade erst gestern und wir stehen doch noch voll im Leben!!!
(from left) Shazzer (Sally Phillips), Tom (James Callis), Bridget Jones (Renée Zellweger) and Jude (Shirley Henderson) in Bridget Jones: Mad About the Boy, directed by Michael Morris.
Ja so ist das, wenn die Personen aus einem seiner Lieblingsfilme in den neuen Filmen älter werden. Es wird einem liebevoll klar, dass man schon reifer geworden ist und Bridget Jones ist es auch. Zumindest äußerlich. Innerlich gibt es da noch so einiges zu tun und an guten Ratschlägen von Freunden, Verwandtschaft, Ärzten und Briefträgern mangelt es nicht. Aber das alles ist nicht soooo einfach.
Renée Zellweger as Bridget Jones in Bridget Jones: Mad About the Boy, directed by Michael Morris.
Wir befinden uns hier im dem zweitschwierigsten Genre der Filmindustrie, nämlich in einem Liebesfilm. Eine Tragödie ist im Vergleich einfach. Bei einem Liebesfilm ist der Grat zwischen Kitsch und wahren Gefühlen nämlich sehr sehr schmal. Die Dosis, der Rythmus, die Dauer und vor allem auch die Freude muss hier perfekt ausgewogen sein, damit es ein leichter und doch hochwertiger Genuss wird. Das ist alles andere als trivial.
(from left) Bridget Jones (Renée Zellweger) and Roxster (Leo Woodall) in Bridget Jones: Mad About the Boy, directed by Michael Morris.
Ein hervorragender Helfer ist hier der britische Sarkasmus und die Verrücktheit der Insel. Sie macht die Charaktere liebenswert und verhindert Überzuckerung. Besonders großartig ist hier Hugh Grant über seine lange Schauspielkarriere gereift. Wie schon als Oompa Loompa bei Wonka ist er phantastisch uneitel und denoch ein Poser vor dem Herrn. Das ist wahrlich erfrischend.
(from left) Daniel Cleaver (Hugh Grant) and Bridget Jones (Renée Zellweger) in Bridget Jones: Mad About the Boy, directed by Michael Morris.
Am spannendsten ist aber Bridget selbst. Renée Zellweger lebt diese Rolle so sehr, dass die Grenzen teilweise verschwimmen. Das ist Gold für diesen Film. Wir erleben fast wie in einer Reality-Show die Entwicklung von Bridget zu ihrem neuen Ich. Das ist berührend, kitschig (aber nicht zu viel), witzig und vor allem Bridget Jones. In Amerika lief der Film zum Valentinstag und genau da ist er zu 1.000 Prozent passend an anderen Tagen zu 100 Prozent. Viel Romantik auf hohem Niveau.
Renée Zellweger as Bridget Jones in Bridget Jones: Mad About the Boy, directed by Michael Morris.
Lesung: 13.02.2025 – Wartenberg – Alte Schule – Nikolaiberg
„Unter den Wolken“ ist eine der vielen typischen Ideen von Achim 60 Bogdahn: Ungewöhnlich, scheinbar trivial, überraschend tief, sehr unterhaltend und vor allem sympathisch. Die Idee war, dass Achim die höchsten Berge jedes einzelnen deutschen Bundeslandes irgendwie erklimmt. Das ist in Bayern mit der Zugspitze (2.962 m) offensichtlich genauso herausfordernd wie in Bremen die Erhebung im Friedehorstpark (32,5 Meter). Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.
Diese Perspektiven unterscheiden sich bei jedem der Berge / Erhebungen, da die Begleiter jeweils andere sind. Diese reichen von Mehmet Scholl über Rocko Schamoni zu Felix Neureuther. Genau mit diesen Begleitern kommt das Leben in die Lesung von Achim. Er schweift ab, erinnert sich an andere Randgeschichten und erzählt voller Leidenschaft aus seinem Erlebten. Da sind schon auch öfter mal Fußballgeschichten dabei. Aber auch diese sind nicht nur für Fussballfans, sondern für alle die sich für die Menschen begeistern.
Die große Vision von Achim 60 Bogdahn ist es einmal ein eigenes Kabarettprogramm auf die Bühne zu bringen. Wir meinen aber, dass er das in der Lesung bereits erschaffen hat. Sie war voller Parodien, schräger Perspektiven, Spiegel für die Zuschauenden und allen möglichen kabarettartigen Szenen. Nein es war besser als ein Kabarettprogramm, es war ein wunderbarer Abend, der alle im vollem Saal der alten Schule berührt hat.
Danach ging es noch auf den Nikolaiberg, der höchste Berg von Wartenberg. Hier wird im Sommer eine große Kabarettbühne aufgebaut. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Besetzung: Ian McKellen, Gemma Arterton, Mark Strong, Ben Barnes, Alfred Enoch, Romola Garai & Lesley Manville
Erscheinungsdatum: 13.03.2025
Trailer: (51) The Critic Official Trailer – YouTube
Präambel: London, 1934. Jimmy Erskine ist ein berüchtigter Theaterkritiker, der jeden Schauspieler, der das Pech hat, ihn zu enttäuschen, brutal in seiner Kritik zerstört. Besonders hart geht er mit Nina Land (Gemma Arterton) um, einer aufstrebenden Hauptdarstellerin, die Erskine schon lange vergöttert. Er führt ein ebenso extravagantes Leben wie er schreibt: Partys bis in die Nacht, Begegnungen im Park und das Zusammenleben mit seinem viel jüngeren „Sekretär“ Tom (Alfie Enoch). Das alles in einer Zeit in der Homosexualität unter Strafe steht und auch in Großbritanien die ersten Nazis entstehen. Als jedoch der Eigentümer seiner Zeitung stirbt und sein Sohn (Mark Strong) die Leitung übernimmt, wird Jimmy angewiesen, sich zurückzuhalten, um die neuen Familienwerte der Zeitung nicht zu missachten. Da seine Arbeitsplatzsicherheit bedroht ist, heckt er einen hinterhältigen Plan aus, der eine Kette von Ereignissen mit schrecklichen Folgen auslöst.
„The Critic“ ist ein wahrlich britischer Film mit all seinen Vorteilen und Qualitäten. Radikal, schräg, diszipliniert und einer fantastischen Geschichte. Als Vorlage hat sich der Regisseur eine sehr gute Romanvorlage genommen und das ist die solide Basis auf welcher dieser Film und all Akteure tanzen. Es gilt somit die Geschichte mit allem Respekt auszugestalten und mit den passenden Facetten zu garnieren. Es war sicher ein Genuss für die Schauspielenden in solch einem gesichertem Bühnenraum die tiefen menschlichen Abgründe darstellen zu können, die uns alle ja so sehr vertraut sind.
Wir alle wollen unseren Besitzstand waren und den Einfluss weiter ausbauen. Gewiss, das machen wir moderat und ohne dass es auffällt. Was wäre aber wenn wir hier die Grenzen überschreiten und unseren Einfluss auch mit nicht moralisch akzeptierten Mitteln verstärken? Begeben wir uns da nicht in einen basisfremden Raum. Mit dieser Entscheidung geben wir uns in ein neues System, vielleicht sogar in ein System der Liebe. Eine Liebe für das Theater, eine Liebe für die Wahrhaftigkeit und eine Liebe für sich. Sind das nicht Ideale für welche wir alles gerne opfern wollen ?!?
Ja wollen wir rufen, aber es gibt auch die Sicht der Geldgeber, der Verantwortlichen und vor allem der Zeitungsbesitzer. Diese wertkonservativen Ikonen zerbrechen oft an Ihren Idealen und sind aber auch in diesem Film durch Ihre Konstanz die eigentlichen Protagonisten. Ihre Entscheidungen entscheiden und teilen alles und alle anderen versuchen nur zu reagieren. Außer Jimmy Erskine!!!
Er wirkt bescheiden, aber er ist radikal in vielen Dimensionen. Schwul, brutal, skrupellos, kultur-besessen und gebildet. Wie viel schlimmer kann ein Mix sein? Aber er marschiert durch diesen Film wie der eigentliche Regisseur. Diese Rolle wurde ihm sicher auf den Leib geSCHNEIDERt, aber was er damit weiter entwickelt hat ist eine Krönung der darstellenden Kunst.
Nun gilt es nur noch, dass wir Sie als Rezeptionisten auffordern diesen Film zu sehen und zu genießen. Feedback erwünscht,
Der Brutalist ist ein sehr sehr langer Film: 215 Minuten inklusive 15 Minuten Pause. Das ist schon eine Ansage. Hier will eine Geschichte erzählt werden. Es wird von einem riesigen Werk erzählt, dass alle erdrückt und mit Sehnsüchten vollgestopft ist.
Der Brutalist ist der Architekt László Tóth, dessen Gebäude dem Stil des Brutalismus zuzuordnen sind. Das ist beeindruckend und die Geschichte hat viele konstruierte Windungen, bei denen man sagen würde: Das glaubt einem doch niemand, dass es wirklich so stattgefunden hat. Leider ist das Leben und die Figur des László Tóth aber ziemlich frei erfunden. Sie wurde nur entfernt an dem Architekten Marcel Breuer abgelehnt, der das Whitney Museum in New York entwarf.
Chelsea, Manhattan, NYC
In diese Geschichte wird sehr viel hineingepackt und entscheidende Aktionen oder Tatsachen aber nicht erklärt. Das wirkt konstruiert, nicht nachvollziehbar und hinterlässt ein komisches Gefühl. Dabei ist der Film selbst fantastisch inszeniert. Mit viel Zeit und Leidenschaft gedreht und von den Darstellenden hervorragend umgesetzt.
Die Kameraführung, der Schnitt, die Perspektiven und die Stimmungen sind perfekt und fangen die Zeit nach dem Krieg in Amerika treffend ein. Man kann sich sehr gut und diese Zeit und in die Umstände hineinversetzen, so dass man denkt es wird Realität dargestellt. Aber diese wird durch die zu übertriebene und lückenhafte Geschichte zerstört.
So zerstört der Film „Der Brutalist“ alles was er im ersten Teil vor der Pause gut aufgebaut hat im 2. Teil brutal. Dazu setzt er am Schluss noch einen dokumentarischen Abschluss auf der ersten Bienale in Venedig, welcher wieder Realität vorspielt. Dieses Mal aus einer sehr trivialen Touristensicht. Es wird hier versucht Teile des Films zu erklären, aber auch das bleibt unfertig und hinterlässt ein brutal zerstörtes Ende.
Artus ist in Deutschland zwar weniger bekannt, aber in Frankreich eine ganz große Nummer. Wie so oft haben es französische Darsteller schwer auch international zu punkten. Mit dem Thema Inklusion hat es der Mainstream auch oft schwer und da muss schon eine sehr gute Komödie entstehen, damit es auch beim breiten Publikum ankommt. „Ziemlich beste Freunde“ ist hier ein allseits bekanntes Beispiel und „Was ist schon normal“ hat ähnliches Potential.
Nach einem Raubüberfall flüchten Paulo (Artus) und sein Vater (Clovis Cornillac) vor der Polizei und finden ausgerechnet Unterschlupf in einem Reisebus, der junge Erwachsene mit Behinderung an ihren Urlaubsort in die Berge bringen soll. Paulo und sein Vater geben sich kurzerhand als der fehlende Mitreisende Sylvain und dessen Betreuer aus – eine fast perfekte Tarnung. Allerdings ist es auf die Dauer schwer nicht normal zu sein und über allem steht die große Frage: Was ist schon normal?!?
Besonders gelungen ist die Besetzung des Reiseteams mit Menschen mit Behinderung. Diese spielen so herrlich authentisch und unbekümmert, dass man selbst gerne auf diese Reise mit Ihnen gehen würde. Dabei ist der Alltag alles andere als leicht, da „normale“ Grenzen in der Gruppe ständig überschritten werden. Aber das alles ist so fröhlich, so traurig, so tragisch und auch so befreiend.
So findet man es am Schluss schade, dass die Reise vorbei ist, aber das Ende lässt neue Reisen offen und zur Not kann man sich ja jetzt die DVD, die Blu-ray oder das TVoD einfach nochmal ansehen. Die Extras auf der DVD und der Blu-ray sind überdies sehr persönlich und die Synchronsprecher sind teilweise Schauspielende und Laien mit Behinderungen.
Besetzung: COLMAN DOMINGO, CLARENCE „DIVINE EYE“ MACLIN als er selbst, SEAN „DINO“ JOHNSON als er selbst, JON-ADRIAN „JJ“ VELAZQUEZ als er selbst, SEAN SAN JOSÉ, PAUL RACI
Das RTA-Programm („Rehabilitation Through the Arts“) ist ein amerikanisches Theaterprojekt, das durch künstlerische Aktivitäten die persönliche Entwicklung und Wiedereingliederung von Strafgefangenen fördert – mit erstaunlichen Ergebnissen: Während die Rückfallquote in den USA bei über 60 Prozent liegt, kehren weniger als 5 Prozent der RTA-Absolventen ins Gefängnis zurück.
Diese bemerkenswerte Statistik weckte das Interesse von Regisseur Greg Kwedar. Er stieß auf einen Artikel von John H. Richardson aus dem Jahr 2005 über eine Zeitreise-Musikkomödie, die die Männer in Sing Sing durch RTA inszeniert hatten. „Ich dachte, dass dies ein guter Ausgangspunkt wäre, um eine Geschichte zu erzählen, die ein tieferes Verständnis für das große Potenzial vieler dieser Menschen hinter Gittern vermittelt, die ansonsten stereotypisiert oder vergessen werden“, erklärt Greg Kwedar.
Der Film hat einen außergewöhnlichen Cast: Über 85 Prozent der Besetzung waren ehemals in Sing Sing inhaftiert gewesen und hatten das RTA-Programm durchlaufen. „Wir wollten einige professionelle Schauspieler, aber die Mehrheit des Ensembles sollten tatsächliche Alumni des Programms sein. Wir vertrauten ihnen, weil wir wussten, dass sie talentiert waren“, so Kwedar. Obwohl sie keine Erfahrung im Film- und TV-Bereich hatten, verfügten sie über Bühnenerfahrung – durch Sing Sing und verschiedene Auftritte. Einige waren seit zehn Jahren draußen, andere erst seit ein paar Monaten. „Die Männer kamen mit ihren Geschichten und einer Offenheit und Verletzlichkeit, die man selten findet. Und das gab den Ton vor. Wir hatten keine ‚schrulligen Charaktere‘ oder komischen Nebenfiguren.
Jede Rolle war als ein wahrhaftiger Mensch, als eine vollständig ausgearbeitete, dreidimensionale Figur angelegt“, sagt Produzentin Monique Walton. Die RTA-Alumni setzten alles daran, so viel wie möglich von ihren professionellen Kollegen zu lernen. Während es zunächst eine gewisse Zurückhaltung gab, mit einem ‚Filmstar‘ zu spielen, akzeptierten sie Colman Domingo schnell als Kollegen und jemanden, von dem sie das Handwerk lernen konnten. Die Atmosphäre wurde bald die eines tatsächlichen RTA Programms.
Ehemals inhaftierte Männer zu bitten, in ein Gefängnis zurückzukehren, war keine leichteEntscheidung für die Produzenten. Aber ähnlich dem RTA-Programm selbst, war derProzess kathartisch – sie kehrten nicht als Gefangene zurück, sondern als Schauspieler.
„Vertraue dem Prozess“ ist ein Leitspruch aus dem RTA-Programm, der auch am Set allen half, auf Kurs zu bleiben. Darsteller Sean „Dino“ Johnson erklärt: „Manchmal wollen wir unseren eigenen Weg gehen, aber man muss dem Prozess vertrauen. Letztendlich wirst du da ankommen, wo du hinwillst, oder in der Lage sein, das zu tun, was du tun möchtest – aber innerhalb des Prozesses. Wenn neue Leute hinzukamen, sagten wir ihnen: ‚Entspannt euch, man muss es nicht sofort verstehen. Vertraut dem Prozess.‘“
Zu den wichtigen Improvisationsübungen gehörten unter anderem die Techniken „Denke an einen Freund“ oder „Perfekter Ort“, bei denen die Teilnehmer die Augen schließen, sich gedanklich an einen bestimmten Ort versetzen und diese Erfahrung mit der Gruppe teilen. Solche Übungen waren ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit des echten RTA-Theaterregisseurs Brent Buell und wurden am Set in ähnlicher Form von dessen Darsteller Paul Raci geleitet. Es waren gerade diese Übungen, die häufig dazu führten, dass die Männer begannen, ein Gefühl der Empathie aufzubauen – eine der wichtigsten Eigenschaften ihrer persönlichen Entwicklung innerhalb des Programms. Clarence Maclin fand die Übungen besonders wertvoll: „Sie fördern Kameradschaft, stärken Freundschaften und lehren uns, wie man sich aufeinander verlassen kann. Sie waren der beste Teil von RTA.“
Bei seiner Verkörperung von Buell machte Raci in jeder Szene deutlich, wie sehr er die Männer im RTA-Programm respektierte – ein Respekt, den sie außerhalb der Probenräume nie erfahren hatten. Die Männer waren ihm nicht unterstellt, bemerkt Raci. „Meine Einstellung war: ‚Männer? Was haltet ihr davon …, was der Art entsprach, in der Brent mit ihnen redete. Er blieb im Hintergrund, ließ sie die Bühne übernehmen und selbst entscheiden, wie die Dinge ablaufen sollten, anstatt zu sagen: ‚Hey, seht her – ich bin der Schauspieler, ich bin der Regisseur. Ich zeige euch, wie es geht.‘ Das hat er nie mit ihnen gemacht.“
Für diesen besonderen und angenehm andersartigen Film empfiehlt es sich aus unserer Sicht den Regisseur Gints Zilbalodis zu Wort kommen zu lassen. Er vermittelt sehr gut, wie Flow wirkt.
FLOW ist eine fast traumähnliche visuelle Erfahrung und auch eine Fabel … Sie erzählen die Geschichte rein visuell, ohne Dialoge und nehmen das Publikum so auf die Reise der Protagonisten mit. Können Sie erklären, warum Sie in Ihren Filmen auf Sprache verzichtet haben, beginnend mit RUSH, Ihrem ersten Kurzfilm 2010?
Dialoge sind für mich nicht gesetzt. FLOW sollte immer ohne Sprache erzählt werden. Vielleicht werde ich eines Tages mit Dialogen arbeiten, wenn sie für die Geschichte wichtig sind. Aber dieser Film wäre dann trotzdem durch die Bilder bestimmt, und Dialoge kämen nur spärlich darin vor. Ich fühle mich einfach wohler mit Bildern, das ist spannender. Meine Lieblingsfilme und Filmszenen sind alle nicht auf Dialoge angewiesen. Woran ich mich bei ihnen am meisten erinnere, sind Bilder und das Erlebnis. Animation ist in diesem Sinn perfekt, weil man die Bildsprache mit viel feineren Details ausstatten kann, als es bei Realfilmen der Fall ist. Das Bildmaterial ist präziser.
Haben Sie den Eindruck, dass aktuelle Animationsfilme zu dialoglastig sind?
Ja, aber sie waren vermutlich schon immer so. Die großen Filme im Besonderen. Es gibt aber viele aufregende und unabhängig produzierte Filme, die sich mehr auf die Bildsprache konzentrieren. Ich weiß nicht, warum so viele Animationsfilme mit Dialogen überfrachtet sind. Mir machen vor allem die ruhigen Momente in Filmen Freude, in denen dem Filmtempo erlaubt wird zu wechseln, so dass der Film nicht einfach nur immer sehr laut und schnell ist. Ich wünschte, dass in den großen Animationsfilmen der Rhythmus öfter wechseln würde. Ich vermute, dass die Witze und das konstante Reden hinzugefügt werden, um Kinder zu unterhalten. Aber ich glaube, dass Kinder auch von Filmen ohne Dialoge gefesselt sein können, wenn sie visuell aufregend erzählt sind.
In FLOW sind Themen wie Naturkatastrophen, Überleben und der Zusammenhalt verschiedener Protagonisten sehr wichtig. Was gefällt Ihnen an dieser Art von Geschichte?
Ich vermute, mir gefällt diese Art von Geschichte, weil ich keinen typischen Bösewicht oder einen Antagonisten im Film haben will. Die Katastrophe ist etwas, womit ich die Geschichte in Gang setzen, einen Konflikt kreieren und die Protagonisten auf eine Reise schicken kann. In FLOW verursacht die Flut eine Menge an Verwüstung. Vielleicht agiert die Überschwemmung zunächst wie eine Art Bösewicht, aber die Tiere lernen die Schönheit der überfluteten Gebiete zu schätzen, als das Wasser mehr und mehr die Welt verschwinden lässt. Diese Naturkatastrophe ist außerdem etwas, was man einem Publikum nicht erklären muss. Jeder kennt so etwas. Weil ich auf Dialoge verzichte, muss ich mit Ideen arbeiten, die sehr direkt sind und keine Erläuterung oder Backstory benötigen. Dann kann ich mich vollständig auf die Protagonisten konzentrieren.
Zu Beginn von FLOW betrachten wir die Katze als den cleveren Helden, der wir alle hoffen zu sein. Aber im weiteren Verlauf stellen wir fest, dass die verschiedenen Tiere andere Facetten von uns repräsentieren, inklusive der weniger positiven.
Es ist lustig zu sagen, dass die Katze der Held ist. Ich denke, das stimmt zwar, aber um ehrlich zu sein, wir wollten auch, dass die Katze sich wie ein Arschloch verhält. Katzen sind manchmal sehr egoistisch und rücksichtlos. Aber vermutlich vergeben wir unserem Protagonisten, weil er so niedlich ist, und auch, weil er sich im Verlauf der Reise weiterentwickelt. Zu Beginn ist die Katze sehr unabhängig und will nicht mit anderen zusammen sein. Da ich den Film aber nicht auf dieser einfachen, didaktischen Idee aufbauen wollte, habe ich mich dafür entschieden, mit dem Hund einen Gegenpol zu erschaffen. Ganz zu Anfang folgt der Hund immer irgendwem. Aber am Ende des Films ist er unabhängiger geworden und trifft seine eigenen Entscheidungen. Alle dargestellten Tierpersönlichkeiten beschreiben die Beziehung Gesellschaft versus Individuum.
Abgesehen von der Katze und dem Hund kommt im Film ein Lemur vor. Wir sehen ihm dabei zu, wie er eine Menge Zeug sammelt. Plötzlich realisieren wir, dass er das macht, weil er denkt, dass er nur aufgrund seiner materialistischen Werte von anderen akzeptiert wird, nicht aufgrund seiner Persönlichkeit. Der Lemur repräsentiert damit auch die Idee der Zugehörigkeit in einer Gesellschaft. Der Vogel in gewisser Weise ebenso. Er will verzweifelt dazugehören, Teil seines Schwarms sein. Das letzte Tier, das Wasserschwein, nimmt in diesem Zusammenhang ein wenig den Platz eines Outsiders ein, weil es sich im Verlauf der Geschichte nicht wirklich verändert. Ich habe mich für das Capybara entschieden, weil ich Bilder gesehen hatte, die zeigen, dass das Wasserschwein mit allen Tieren zurechtkommt, sogar friedlich neben Löwen und Krokodilen schläft. Also auch neben Katzen und Hunden. Es kam mir ganz natürlich vor, dass wir im Film auch diesen Protagonisten dabeihaben.
Der Titel des Films FLOW bezieht sich auf die Flut und die visuelle Form des Geschichtenerzählens, die sich kontinuierlich mit den Protagonisten bewegt, dem Boot und den Wasserströmen folgt. Können Sie uns mehr über den Titel und seine Bedeutung erzählen?
Ich schätze, der Titel spiegelt den Roadmovie-Charakter des Films wider, da sich die meiste Action im Boot abspielt, und das bewegt sich stetig vorwärts. Der Roadmovie-Moment ist sehr wichtig, weil wir dadurch die verschiedenartigen Umgebungen entdecken können, und weil wir ohne Dialoge arbeiten. Außerdem war es für mich bedeutsam, dass es ein klares Ende dieses Trips mit dem Boot gibt, so wie die Protagonisten auch an ihr Ziel kommen. Ebenso wollte ich ein Gefühl von Dringlichkeit vermitteln. Das geschieht durch die Katze, die immer versucht, die Türme zu erreichen, um ihrer Angst zu entfliehen. Das Narrativ ist also stark mit diesem einen Protagonisten verbunden, wobei ich allerdings nicht etwas wie Hitchcocks „MacGuffin“ anlegen wollte. Die Katze ist nicht auf der Suche nach einer bestimmten Sache o. ä. Das Narrativ ist stattdessen direkt mit ihren Ängsten verknüpft. So klettert sie ständig, um Probleme zu vermeiden, auf etwas hinauf. Sie klettert auf ihr Haus, auf den Mast des Bootes, auf die riesigen Türme, alles mit dem Ziel, vor Problemen davon zu laufen. Ich denke, diese Verhaltensweise ist sehr menschlich, viele handeln so, ich wahrscheinlich auch. Ich versuche oft, unangenehmen Dingen aus dem Weg zu gehen. Aber am Ende entscheidet sich die Katze, herunterzuklettern, sich den Herausforderungen zu stellen und Risiken einzugehen. Auch wenn sie sich damit unwohl fühlt.
Wir kennen alle noch das Märchen „Der Zauberer von OZ“ welches ja schon in die Jahre gekommen ist. Vor einigen Jahren wurde davon eine neuere sehr tiefgründige Version mit dem Namen „Wicked“ geschrieben. Als Musical ging dieses neue Märchen durch die Welt und konnte hier vor allem viele Erwachsene begeistern.
L to R: Cynthia Erivo is Elphaba and Ariana Grande is Glinda in WICKED, directed by Jon M. Chu
Nun wurde gewagt diese vielschichtige Erzählung auf die Leinwand zu bringen. Aufgrund des umfangreichen Settings und der herausfordernden Songs musste hier ein großes Budget für einen sehr gut ausgebildeten Cast aufgebracht werden. Ob sich das gelohnt hat zeigt sich nun in „Wicked“
Shiz University in WICKED, directed by Jon M. Chu
Vorab muss der Hinweis stehen, dass der aktuelle Film der Teil 1 von 2 Teilen ist und der 2. Teil zeitnah folgen soll. Dabei ist schon allein dieser erste Teil 160 Minuten lang und diese Zeit benötigt er auch. So viele Wandlungen, Überraschungen und Wendungen sind hier enthalten, welche alle nachvollziehbar gespielt werden müssen. Dieses Muss kommt daher, da es eine wunderschön geschriebene Story ist, welche bis ins letzte Detail umgesetzt wurde. Ein Beispiel soll hier exemplarisch dafür stehen: Für Wicked wurden allein für die Tanzszenen so viele Tänzer engagiert wie noch in wenigen Filmen zuvor. Auch in Aspekten wie Außenkulissen, Live-Gesang im Film und Farbgestaltung wurden in Wicked neue Maßstäbe gesetzt.
Ariana Granda is Glinda in WICKED, directed by Jon M. Chu
Die Reichhaltigkeit von Wicked macht es nicht möglich ein gerechtes umfassendes Bild zu beschreiben, aber das Gefühl des Films können wir vermitteln. Die Umsetzung ist in so vielen Aspekten gelungen, dass man als Zuschauer ständig aus dem Vollen schöpft und auf so vielen Ebenen berührt wird, dass es ein phantastisches Gesamterlebnis ist. Jeder hat hier schon nach wenigen Augenblicken seinen eigenen Fokus, so dass man eine sehr individuell Sicht auf den Film hat. Somit ist es ein Film der sehr gut öfter angesehen werden kann.